Anstelle des Phosphors wurde in anderen „Feuerzeugen“ das ebenfalls leicht entzündliche, 1777 von Bryan Higgins entdeckte Kaliumchlorat verwendet. Die erfolgreichste Erfindung eines solchen chemischen Feuerzeugs gelang im Jahre 1805 Jean Christophe Louis Chancel (1779-1837) in Paris.

Dabei wurden kleine Hölzchen mit einem Kopf aus Kaliumchlorat, Schwefel und Zucker oder Stärke in ein kleines Fläschchen mit konzentrierter Schwefelsäure getaucht. Wurden die Hölzchen rasch wieder herausgezogen, entflammte die Zündmasse am Kopf. Um ein leichteres Entzünden der Hölzchen zu erreichen, überzog man den Kopf zunächst mit Schwefel und dann mit der Kaliumchlorat-Mischung.

„Die gewöhnlichen Formen waren 3-4 Zoll große Tellerchen, von Blech mit einem Henkel, worauf zwei Tillen, – zum Fläschchen und zu den Hölzchen – angebracht waren oder viereckige Schiebekästchen, auf deren Deckel auch in Tillen die Flasche oft auch Lichter oder Oellämpchen standen. Zum Tragen in der Tasche aber hatte man ovale Blechbüchsen mit zwei Fächern und von der Höhe der Hölzchen. Die ordinären waren unangestrichen, die besseren aber zinnoberroth lackirt, selbst die Flaschen waren roth.“
Detlef von Biedermann, 1859


Bereits Anfang 1806 gab es zahlreiche Kopien von Chancels Feuerzeug in ganz Europa. Die Vitriolfeuerzeuge wurden unter verschiedenen Bezeichnungen wie„briquets oxygènés“„französische Zündmaschinen“ oder „Eupyrion-Feuerzeuge“ verkauft. Die gängige Bezeichnung Tunkfeuerzeuge leitete sich von der Entzündung durch Eintauchen des Kaliumchlorat-Hölzchens in die Schwefelsäure ab – eine stete Quelle für bis heute fortwirkende Verwechslungen schon unter Zeitgenossen, da ja auch bei den Phosphorfeuerzeugen ein Hölzchen in eine Zündmischung getaucht wurde. 

Die ersten Vitriolfeuerzeuge bestanden aus einer kleinen Büchse aus Buchsbaumholz, die sich oben und unten aufschrauben ließ. In den unteren Teil war ein Glasfläschchen mit der Schwefelsäure gekittet, der obere enthielt etwa sechzig der Kaliumchlorat-Hölzchen. Der bedeutendste deutsche Hersteller war  C. Wagenmann in Berlin, von dem es im Jahre 1815 hieß, er versehe „jetzt mit seinen Zündhölzchen und Zündfläschchen beynahe ganz Deutschland und einen grossen Theil des Auslandes.“

„Diese Art, Feuer zu erzeugen, verbreitete sich unter mancherlei verbesserten Formen bald über ganz Europa, wobei man dann auch auf mancherlei Mängel und Unannehmlichkeiten dieser Feuerzeuge bald aufmerksam werden mußte. Tauchte man z.B. das Zündhölzchen zu tief in die Schwefelsäure, so daß davon außer dem mit chlorsaurem Kali besetzten Ende auch der Schwefelüberzug befeuchtet wurde, so entzündete sich zwar ersteres, theilte aber die Entzündung dem Schwefel nicht mit, und das Zündhölzchen verlöschte augenblicklich – ein Uebelstand, der sich im Finstern fast gar nicht vermeiden ließ. Ein anderes Gebrechen bestand darin, daß man trotz aller Vorsicht beim Herausziehen des Zündhölzchens aus dem mit Schwefelsäure gefüllten Fläschchen sich selbst oder die nächsten Gegenstände mit dieser Alles zersetzenden Säure bespritzen und dadurch manichfachen Schaden am Eigenthum und sogar am eigenen Körper nehmen mußte.“
Christian Heinrich Schmidt, 1840


Ein Problem der Vitriolfeuerzeuge bestand darin, dass die Hölzchen nicht richtig brannten, wenn man sie zu tief in die Schwefelsäure eintauchte und den Schwefelüberzug mit der Säure befeuchtete. Oft spritzte auch Säure herum, wenn man das Hölzchen aus Flasche zog. Anfangs setzte man Bleisiebe in die Öffnung der Schwefelsäurefläschchen, ab 1813 wurde dann eine mit Säure befeuchtete Asbestmasse in die Fläschchen gefüllt. „Die chemischen Hölzer entzünden sich durch eine blosse Berührung dieser Masse, und man hat nicht zu befürchten, daß sie zuviel Schwefelsäure anziehen und dadurch verlöschen, oder daß sie abtröpfeln und dann das Feuerzeug beschmutzen.“

„Beim öfteren Gebrauche ist der Zutritt der Feuchtigkeit zur Schwefelsäure kaum zu verhindern und sie bald ihre Kraft, das Gemenge zu entzünden, selbst wenn ihr Aufbewahrungsgefäß nach dem Gebrauche jedes Mal gut verschlossen wird.“
Johann Wolfgang Döbereiner, 1846


Die schlagartig erfolgende Zersetzung des Kaliumchlorats verzögerte sich dadurch natürlich nicht – der recht heftige Vorgang hatte mit der verlangsamten Zündung unserer heutigen Streichhölzer wenig gemein und lässt sich eher als Explosion beschreiben. Hinzu kamen Klagen über den „lästigen, sich beim Anbrennen in großer Menge entwickelnde Schwefeldampf“ und die Tatsache, dass die Schwefelsäure die Luftfeuchtigkeit absorbierte, sich so verdünnte und ihre zündende Wirkung verlor. Auch kam es häufig zu Unfällen, bei denen mehrfach Fuhrwerke und Postkutschen ausbrannten, weil die Vitriolfeuerzeuge schlecht verpackt waren. Trat aus den mangelhaft verschlossenen Fläschchen Säure aus, entzündete sie die ringsum gepackten Hölzchen und die Fuhre ging in Flammen auf. 

„Die Tunkfeuerzeuge sind jetzt die allgemein verbreitetsten Feuerzeuge, da sie mit einer großen Bequemlichkeit eine ungemeine Billigkeit verbinden und auch leicht von Jedermann selbst wieder in Stand gesetzt werden können.“
Johann Wolfgang Döbereiner, 1846


Trotz dieser Vorfälle waren die Zeitgenossen ausnahmslos begeistert. Die Vitriolfeuerzeuge würden „den Vorzug vor allen übrigen“ verdienen und seien eine Erfindung, die „zu den bemerkenswerthesten der neueren Zeit gehört.“Der relativ niedrige Preis machte sie für alle erschwinglich, so dass „sie sich bereits in den Wohnungen der ärmeren Classen“ finden. Chancels Vitriol- oder Tunkfeuerzeug war das sicher erfolgreichste chemische Feuerzeug der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Es blieb selbst nach der Erfindung der Streichhölzer relativ lange in Gebrauch und verschwand erst in den 1850er Jahren.

„Bis zum Jahr 1830 waren sie noch ganz allgemein, jetzt freilich sieht man sie sehr selten, aber doch, und auf dem Altmarkte in Dresden kann man noch heute eine Höckerin mit einem Tisch voll solcher rothen Feuerzeuge sehen.“
Detlef von Biedermann, 1859


Ebenfalls zu den Vitriolfeuerzeugen gehörten die 1828 von Samuel Jones erfundenen „Prometheans“. Statt der Hölzchen wurden etwa sieben Zentimeter lange Papierröllchen verwendet, die am vorderen Ende etwas eingedrückt waren. Dort, im Inneren der Papierröllchen, befand sich die Kaliumchlorat-Zucker-Mischung, in die ein kleines, an beiden Enden zugeschmolzenes Glasröhrchen mit einem Tropfen Schwefelsäure eingebettet war. Wenn man das Röhrchen mit einer mitgelieferten Zange zerdrückte oder die Papierrolle gegen einen festen Gegenstand schlug, entzündete die auslaufende Schwefelsäure die Zündmasse und brachte die Papierhülle zum Brennen. Wegen der zerbrechlichen Glasröhre waren die „Prometheans“ nicht ganz ungefährlich und ihr Gebrauch blieb – auch wegen ihres hohen Preises – im wesentlichen auf England beschränkt.

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