Die Rasiermesserfabrikanten in Sheffield und Solingen waren die ersten, denen Gillettes Nassrasierer Einbußen bescherte. Am härtesten traf es das Friseurgewerbe. Der Rasierapparat ließ seine zuvor auf 150 Millionen Reichsmark geschätzten Jahreseinnahmen aus dem Rasiergeschäft stark zurückgehen. Die Friseure mussten feststellen, dass „ein großer Teil des Rasiergeschäfts endgültig verlorengegangen ist.“ 

War bis dahin der größte Teil der Friseure ausschließlich als Herrenfriseur tätig, so führten die Einnahmeausfälle zu einem tiefgreifenden Strukturwandel im Friseurgewerbe. Die Friseure verlegten sich zunehmend auf das „Damenfrisieren“, und sowohl gemischte als auch reine Damensalons entstanden erst aus diesem Grund.

Mit dem Siegeszug des Nassrasierers wandelte sich auch die Bartmode. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts war das Bertragen üblich, doch gegen 1910 breitete sich die Mode glattrasierter Gesichter aus. „Der Bart ist ein Anachronismus geworden“, stellten bereits 1912 die Friseure fest. „Der rasierte Herr ist jetzt der moderne Herr, der Gesellschaftsmensch, der Herr kurzweg.“

Auseinandersetzungen gab es allerdings um das Verschwinden der Schnurrbärte in der Armee. „Das Kriegsministerium“, hieß es, „hat in einem jüngsten Erlasse auf die Bestimmungen der Adjustierungsvorschrift verwiesen, nach welchen es Angehörigen der Armee verboten ist, die Schnurrbärte zu rasieren, und fordert neuerdings zur stärkeren Beachtung dieser Normen auf.“ Auch seien sie darüber zu belehren, dass die moderne Barttracht „sich nicht für den preußischen Soldaten eignet und der Eigenart der Deutschen nicht entspricht.“

Mit den Gaseinsätzen im Ersten Weltkrieg wurden diese Vorschriften Makulatur. Da Gasmasken nur bei dichtem Abschluss Schutz boten, wurde eine regelmäßige Rasur zur Pflicht. Nach 1918 hatten viele Soldaten „die Angewohnheit des Selbstrasierens, die sie im Felde erworben hatten, nunmehr für immer beibehalten.“ Die Vorstellungen über die Häufigkeit der Rasur verschärften sich in der Zwischenkriegszeit; die tägliche Rasur wurde auch für untere Schichten Pflicht. „Nie dürfen Wangen und das Kinn einem Stoppelfeld gleichen“, hieß es, „man kann nicht gut genug rasiert sein“. 

Der Siegeszug des Sicherheitsrasierapparates setzte sich in der Nachkriegszeit fort. Die Klingenproduktion von Gillette verdreifachte sich zwischen 1919 und 1925 auf 600 Millionen Stück jährlich, die Zahl der pro Jahr hergestellten Apparate wuchs um mehr als das Sechsfache von 2,3 auf 14,9 Millionen. Im Deutschen Reich nahm die Rasierklingenproduktion von 210 Millionen im Jahre 1928 bis auf 1,74 Milliarden im Jahre 1940 zu.

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