In Deutschland wurden Anfang des 19. Jahrhunderts bestimmte Bartformen zum Mittel, politische Gesinnungen zur Schau zu tragen. Zur Zeit der napoleonischen Kriege galt der Bart als Abzeichen altdeutschen Wesens. Nicht wenige, die sich 1817 zum Wartburgfest versammelten, trugen einen Voll- oder einen Schnauzbart. „Die so sehr um sich gegriffene asiatische Mode der Bärte,“ beklagt das Leipziger Tageblatt, sei „ein offenbarer Rückschritt der Civilisation.“

Der Bartträger sah sich heftiger Kritik über den gesammelten „Unflath von Speisen und Getränken in den Borsten seines Bartes“ ausgesetzt. Sinnreiche Erfindungen umgingen das Problem. Sogenannte Barttassen, die zwischen 1820 und 1830 aufkamen, ermöglichten einen gepflegten Morgen- oder Nachmittagskaffee. In diese Tassen hatte man einen Porzellansteg eingesetzt, der den Schnauzbart von der Flüssigkeit fernhielt.

Nach der Julirevolution 1830 kamen Bärte bei den Revolutionären in Mode, was zahlreiche Landesherren dazu veranlasste, die Barttracht ihrer Untertanen zu reglementieren. In Kurhessen wurde den Beamten das Tragen von Schnurrbärten 1831 untersagt und Kurfürst Friedrich Wilhelm monierte 1857, dass „obgleich schon zu verschiedenen Malen darauf aufmerksam gemacht worden ist, wie unpassend es erscheint, daß zur Civil-Uniform Schnurrbärte und Kinnbärte getragen werden, so kommen dergleichen Verstöße vor und hat unser Gesamt-Staats-Ministerium in Strenge für deren Abstellung Sorge zu tragen.“

In Deutschland setzte sich nach der Revolution von 1848 der Bart allerdings durch. „Während es sonst zu der guten Sitte gehörte, daß ein Deutscher, welcher nicht Militär war, und eben seiner civilisirten Sitte wegen, sich Civilist nannte, sauber rasirt im gesellschaftlichen Verkehr, namentlich mit Damen trat, ist es jetzt, durch die Errungenschaften des Jahres 1848 und die Erhebung des Bartes zum Attribute eines Volksfreundes und Freiheitsmannes, ein allgemeiner Brauch geworden, den Bart ganz, oder größtentheils, oder als Mundbart wachsen zu lassen“.

Doch der Bart fand auch in konservativen Kreisen Anklang. Die stilisierte Übernahme des Bartes durch Kaiser Wilhelm I. (1797-1888) und andere Herrscher geschah nicht ohne Popularitätsstreben. Der Bart verlor den Zeichencharakter demokratischer Gesinnung und wurde auch für bürgerliche Kreise tragbar. Letztlich wurde der Schnurrbart in der von Wilhelm II. (1859-1941) bevorzugten Form mit nach oben gezwirbelten Enden zum Symbol der Kaisertreue.

Diese extravagante Form ließ sich nur erreichen, wenn man nachts eine hinter den Ohren befestigte Bartbinde trug, die den Bart in Fasson hielt. Dabei befeuchtete man ihn mit der vom kaiserlichen Hof-Friseur François Haby vertriebenen Barttinktur „Es ist erreicht„, die der Bartform ihren Namen gab. Gleichzeitig entwickelte sich ein breites Spektrum von Artikeln zu Bartpflege: kleine Bartbürsten, Bartkämme und Bartklemmen fanden ebenso Absatz wie Bartwichse und andere Kosmetika.

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