BRENNGLÄSER UND LINSEN

Brenngläser, genauer gesagt aus durchsichtigem Bergkristall geschliffene Linsen oder Kugeln, die zur Feuerentzündung verwendet wurden, gab es bereits im antiken Griechenland. Wesentlich älter noch ist ein im Palast des Assurnasirpal (883-859 v. Chr.) in Ninive ausgegrabenes, plankonvex geschliffenes Bergkristallstück.

Bei den Griechen war das durch geschliffene Kristalle erzeugte Feuer einer besonderen, religiösen Nutzung vorbehalten. In den „Wolken“, einer im Jahre 423 v.Chr. entstandenen Komödie, beschreibt Aristophanes in einem Dialog mit Sokrates, wie sich Strepsiades eine Schuldklage vom Hals schafft, indem er ein Brennglas kauft, das zum Feueranzünden dient, und damit heimlich die auf Wachstafeln niedergeschriebene Klage herausschmilzt.

„Nimm in deine Hand den glänzenden und durchsichtigen Kristall … Willst du ein Feuer wecken, ohne dass zur Anstrengung dich seine Flamme zwingt, so heiße ich dich, ihn auf dürre Kienspäne zu legen. Wenn dann die Sonne dagegen scheint, wird er bald einen zarten Strahl auf die Späne richten. Berührt dieser die dürre und fette Materie, so wird er erst einen Rauch, dann ein kleines Flämmchen, aber dann ein großes Feuer erzeugen.“
orphische Dichtung, um 400 v. Chr.


Nach der Erfindung wasserklaren Glases gegen 200 v.Chr. ersetzte dieses Material den teuren und nur bis zu einer gewissen Größe erhältlichen Bergkristall. In Rom wurden zum Feueranzünden anstelle von Linsen offenbar vorwiegend mit Wasser gefüllte Glaskugeln verwendet. Mit ihnen lässt sich das Sonnenlicht wie mit geschliffenen Linsen bündeln.

Wassergefüllte Kugeln zur Feuererzeugung wurden auch bei der Feuerweihe am Karsamstag verwendet, die erstmals in fränkischen Kirchenordnungen des 8. Jahrhunderts auftaucht. Solche Kugeln wurden bis ins 19. Jahrhunderts zur Bündelung von Licht verwendet. Als sogenannte Schusterkugeln vor Fenstern oder Öllampen aufgehängt, beleuchteten sie die Arbeitsplätze von Schustern oder Schneidern bei Feinarbeiten.

„Wenn du kreisrundes Glasgeschirr, gefüllt mit Wasser, in die Sonne hältst, wird von dem Licht, welches vom Wasser her strahlt, selbst in der größten Kälte Feuer angezündet.“
Lactantius (250-317 n.Chr.)


In der Neuzeit ermöglichte die Massenfertigung von Glas eine weitergehende Verbreitung der Brenngläser. Sie dienten aber bestenfalls als Ergänzung anderer Feuererzeugungsgeräte. So gibt es Linsen, die in den Griff von Feuerstählen oder aber in die Deckel von Tabaksdosen eingearbeitet sind. Die mit Pfeifenstopfern oder Zigarrenhalter kombinierten Brenngläser waren offenbar eher eine dekorative Spielerei für Raucher.

Letztlich waren es reine Schönwetterfeuerzeuge, die gerade dann ihren Dienst versagen mussten, wenn sie am nötigsten gebraucht wurden: im Dunkeln, an trüben und kalten Wintertagen oder frühmorgens, wenn es das Frühstück zu bereiten galt. Eine unter zahlreichen Spielereien mit Brennlinsen war die in den 1820er Jahren von der Pariser Firma Lafontaine in verschiedenen Ausführungen hergestellte Mittagskanone. Bei ihnen handelte es sich um eine kleine Kanone, die auf einer Sonnenuhr montiert war. Über dem Zündloch befand sich eine Brennlinse, die das Geschütz zur Mittagszeit abfeuerte, wenn die Sonnenstrahlen durch die Linse hindurch auf das Pulver trafen. Bereits in einer Handschrift des Samuel Zimmermann aus dem Jahre 1573 wurde eine solche Mittagskanone beschrieben als „ein Büchsengeschoss, das durch der Sonne Schein und Widerschein auf eine gewisse Stunde ab und los ginge. Alle wege umb den Mittag auf 12 Uhr.“

BRENNSPIEGEL

Wie die Brenngläser waren auch Hohlspiegel, die das reflektierte Sonnenlicht in einem Brennpunkt bündeln, bereits in der Antike bekannt. Schon Euklid (365-300 v.Chr.) schilderte, wie durch gegen die Sonne gestellte, hohle Spiegel Feuer entzündet wird. Die vielzitierte Geschichte, nach der Archimedes bei der Belagerung der Hafenstadt Syrakus im Jahre 214 v.Chr. mit Brennspiegeln die Segel der römischen Flotte in Brand gesetzt habe, ist eine Legende.

In der Antike wurden häufig aus planen Dreiecken zusammengesetzte Hohlspiegel verwendet. Sie konzentrierten das Licht nicht in einem einzigen Brennpunkt, sondern in einer Brennlinie in der Mittelachse. Ihre Wirkung war daher geringer als die gekrümmter Parabolspiegel, waren aber einfacher herzustellen. In Rom wurden solche Brennspiegel verwendet, um das erloschene vestalische Feuer wieder zu entzünden.>

„Man bedient sich dazu gewöhnlich eines kegelförmigen Trichters von Erz, dessen Höhlung durch die Seiten eines gleichschenkeligen Dreiecks gebildet wird, und die sich vom äußeren Umfang aus in einer gemeinschaftlichen Spitze vereinigen. Wenn dieses Werkzeug gegen die Sonne gestellt wird, so dass die von allen Seiten zurückgeworfenen Strahlen sich im Mittelpunkte sammeln, … setzt er die davor liegenden trockenen und leichten Sachen augenblicklich in Brand.“
Plutarch (46-120 n.Chr.)


Die Auseinandersetzung mit den antiken Quellen seit der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts führte auch zu einer verstärkten Nutzung von Brennspiegeln. Die Hinwendung zu Brennspiegeln war begründet durch die technologischen Schwierigkeiten beim Guss und Schliff genügend großer, für die Erzeugung hoher Temperaturen geeigneter Brennlinsen. Vor allem im 18. Jahrhundert wurden Brennspiegel in Kombination mit großen Brennlinsen zur Erzeugung hoher Temperaturen bei chemischen oder metallurgischen Experimenten eingesetzt.

Vorteil von Brennspiegeln und Brenngläsern war,  dass mit ihnen höhere Temperaturen als mit Holz- oder Kohlefeuern erzielbar waren und dass das Verhalten der Stoffe unter dem Einfluss hoher Temperaturen gut beobachtet werden konnte. Die Weiterentwicklung der Brennspiegel ist eng mit dem sächsischen Forscher Ehrenfried Walter von Tschirnhaus (1651-1708) verbunden, der auf diese Weise zusammen mit Johann Friedrich Böttger wesentliche Vorarbeiten zur Erfindung des europäischen Porzellans leistete.

Der Einsatz von Brennspiegeln zum bloßen Feueranzünden war jedoch unkomfortabler als der von Linsen, da das zu entzündende Gut in den Brennpunkt zwischen den Spiegel und die Sonne gebracht werden musste. Daher erreichten Brennspiegel eine noch geringere Verbreitung als Linsen

Jedoch tauchten im 20. Jahrhundert immer wieder zusammenklappbare Parabolspiegel mit einer Halterung für eine Zigarette im Brennpunkt auf. Sie waren – worauf schon die Kordeln zum Umhängen deuten – wohl mehr für den Strandurlaub in südlicher Sonne gedacht.

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